Interview: Analog und digital – zwei Generationen für eine gemeinsame Zukunft
Analog und digital – zwei Generationen für eine gemeinsame Zukunft
ZTM Rudolf Reil + ZTM Constanze Reil
Hingabe an die Idee, eine große Portion Mut, Zielstrebigkeit, Fleiß, sehr hohe Fachkompetenz, aber auch Durchhaltevermögen – das kennzeichnet ZTM Rudolf Reil. Mit der Zahntechnik Reil GmbH hat er im oberpfälzischen Nabburg ein Unternehmen geschaffen, das für hochkarätigen Zahnersatz, maximale Produktsicherheit sowie Kundennähe mit ausgeprägter Flexibilität und einer regionalen Produktion mit einem hohen Digitalisierungsgrad steht. Durch digitale Fertigungsprozesse entstehen Freiräume, die zur Veredelung zahntechnischer Werkstücke hilfreich sein können. Mit seiner Tochter Constanze wächst die Generation „Young fashion“ im Unternehmen heran. Die 23-Jährige absolvierte die Meisterschule in München zur Zahntechnikermeisterin und gewann den Regensburger Förderpreis 2020 für junge Zahntechniker. Claudia Gabbert (Nordquadrat PR + Marketing) stellt die Personen hinter der Firma und die Erfolgskonzepte des seit 1998 ständig wachsenden Unternehmens vor.
Interview:
Mit welchem Konzept positionieren Sie Ihr Labor in Nabburg?
Rudolf Reil: Jede Uhr hat einen anderen Klang und jeder Zahnarzt, jede Zahnärztin ein anderes Verständnis für die Umgangsweise mit seinen bzw. ihren Patienten. Wir holen unsere Kunden da ab, wo sie gerade stehen. Die Zahnmedizin wird weiblicher, darauf stellen wir uns ein und unterstützen die Zahnärztinnen vor allem mit unserer digital-zahntechnischen Expertise. Unsere Kunden bitten uns mittlerweile um die Anwesenheit bei den Patientengesprächen und planen die Versorgungen gemeinsam mit uns vom Provisorium bis zur endgültigen Versorgung durch (Abb. 1 und 2). Das bietet uns die Chance, den Patienten nicht nur kennenzulernen, sondern auch am Ende der Versorgung wirklich zu kennen. Dadurch entsteht ein Empfehlungsmarketing, das von Nabburg weit hinausreicht.
Wie lässt sich Fachkompetenz als Marketinginstrument einsetzen?
Rudolf Reil: „Lernen von den Besten“ – das ist unser Fort- und Weiterbildungskonzept. Die Herausforderung bleibt, die Veränderungen auf der Kundenseite schnellstmöglich mitzubekommen, die Informationen zu verarbeiten und notfalls das eigene Portfolio anzupassen. Hierfür sind natürlich nicht nur die passenden Technologien, sondern auch die entsprechenden Mitarbeiter notwendig. Deshalb konzentrieren wir uns ständig auf unsere Fachkompetenzen. Und die Auszeichnungen unserer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen können sich sehen lassen: Bundes-, Landes- bzw. Kammersieger in der Zahntechniker- Gesellenprüfung, Gysi-Preise, Candulor Kunstzahnwerk-Preise, Okklusaler Kompass, beste Jungtechnikerin Regensburgs und Goldenes Parallelometer. Japanische Tugenden hat Constanze bei ihrem Studienaufenthalt bei Kataoka Sensei im Osaka Ceramic Training Center erfahren, dass sie Anfang 2020 für fünf Wochen besucht hat. In unserem Labor kommen die besten Trainer und Referenten zum Einsatz. Unsere Investitionen für die Qualifikation unserer Mitarbeiter sind hoch und unsere Leistungsvergütung für ein perfektes Ergebnis, das kommt bei unseren 30 Mitarbeitern sehr gut an.
Wieviel Prozent arbeiten Sie in oder an Ihrem Unternehmen?
Rudolf Reil: Ich arbeite 100 Prozent am Unternehmen. Zu 50 bis 75 Prozent bin ich bei den Kunden, die restliche Arbeitszeit erstreckt sich auf eigene produktive Arbeitszeit sowie administrative Tätigkeiten im Labor.
Stichwort Zahntechnik 4.0:
Wie verlief die Umstellung von analogen zu digitalen Prozessen und wie weit sind Sie in diesem Bereich?
Constanze Reil: Think digital: Da unser Betrieb am Puls der Zeit festhält, sind trotz Fachkräftemangel Technologieentwicklungen erforderlich und dürfen auch nicht verpasst werden. Seit 2000 wird dieses Motto in unserem Labor gelebt. Technisch und technologisch sind wir genauso gut ausgestattet wie große Betriebe, zum Beispiel Fräszentren: mit zwei Intraoralscannern, zwei 3-D-Druckern, einem taktilen und drei Tizian Smart-Scannern, zwei Fräsmaschinen Tizian Cut 5.2 plus, einer Tizian Cut 5 smart sowie ein Tizian JMA Optic System by zebris mit allen Softwareausstattungen (Abb. 3 und 4). Das erste „Produkt“, das die Auszubildenden bereits digital für die Zahnarztpraxis fertigen können, ist der konstruierte und 3-D-gedruckte Abformlöffel. Er bildet die Schnittstelle zum gemeinsamen digitalen Workflow. Junge Zahnmediziner steigen sofort digital ein. Aber nicht zu vergessen: Die analoge handwerkliche Schrift und das Finish sind immer noch die Identität des Labors.
Abb. 1 CAD/CAM-gefertigtes Sofortprovisorium; PMMA BLANK Multi Color (Fa. Schütz Dental), individualisiert. Abb. 2 Lateralansicht einer Zirkon-Verblendbrücke 12–21. Abb. 3 Digitales Konstruieren mit der Software Tizian Creativ RT (Fa. Schütz Dental). Abb. 4 Einrichten der Tizian Cut 5.2 plus (Fa. Schütz Dental).
Wie arbeiten Sie mit den Patienten?
Rudolf Reil: Patienten investieren vermehrt in ihre Zahngesundheit und genau hier setzen wir aktuell an. Wir sind bei prothetischen Versorgungen von Anfang an in der Praxis. Kommunikation ist unser Erfolgskonzept. Der Patient möchte wissen, worauf er sich einlässt, und das erklären wir ganz detailliert. Wir nehmen einen Fotostatus mit den Zahnfarben auf, zeigen mit digitalen Planungstools und Schaumodellen, wie wir sein ästhetisches und vor allem auch funktionelles Lächeln umsetzen können. Genutzt wird dafür die digital basierte Komponente, das zebris Kieferregistriersystem, mit dem wir perfekt passende Versorgungen herstellen. Und wenn es mal schnell gehen muss und wir nicht direkt vor Ort sind, sind wir über Videomeetings dabei und werden in den Behandlungsraum zugeschaltet.
Nach welchen Kriterien suchen Sie Ihre Industriepartner aus?
Rudolf Reil: Ohne Industriepartner geht es nicht mehr. Natürlich suchen wir uns Industriepartner aus, die uns die Arbeit nicht wegnehmen. Wir benötigen Markenprodukte mit hoher Qualität, dafür zahlen wir auch. Vor allem brauchen wir einen Industriepartner, mit dem wir auf Augenhöhe kommunizieren können. Die Fa. Schütz Dental ist für uns beispielsweise ein Global Player, der zuverlässig unseren Arbeitsablauf sichert. Das fängt mit dem breiten Angebot an Produkten an und geht bis zum schnellen Support im CAD/CAM-Bereich. Besonders schätzen wir den Außendienst Sales-Force. Auch die schnelle Umsetzung der MDR-Vorgaben war für uns ein entscheidender Aspekt. Schütz Dental-Produkte sind MDR-konform und mit einem Barcode versehen und werden bei uns so verarbeitet. Unseren Kunden sichern wir damit die Rückverfolgbarkeit der Chargen im Rahmen des MDR und unserem QM-Systems nach DIN EN ISO 9001:2015 zu.
Wie reagieren Sie auf den Fachkräftemangel bei Zahntechnikern?
Constanze Reil: „Reil sucht den Superazubi – zum Recall zu Reil“: So lautete unser Casting, mit dem wir junge Menschen in Schulen ansprechen, um bei uns die Ausbildung zu absolvieren. Und das zieht bei den Schülern. So konnten wir für 2021 fünf weitere Auszubildende gewinnen; wir bilden das „Young fashion“- Team und ergänzen unsere „Oldschool“- Mitarbeiter, also die erfahrenen Zahntechniker, die sich perfekt in der analogen Zahntechnik und mit der sukzessiven Umsetzung in die Digitalisierung auskennen. Die Mischung unserer Mitarbeiterstruktur, jung – mittel – alt, ist ideal für ein Dentallabor. Mit unserer Kampagne wollten wir das Berufsbild „Zahntechniker“ mit seinen Zukunftsperspektiven vorstellen. Die Aufgaben sind unglaublich abwechslungsreich geworden und aufgrund der hohen Qualitätsanforderungen an die Produkte anspruchsvoll (Abb. 5 bis 10). Dadurch wird es nie langweilig. Zahntechnik ist deutlich moderner und interessanter geworden. Es sieht so aus, als hätte die Entwicklung von neuen Werkstoffen und Verfahrenstechniken bzw. Fertigungsprozessen noch lange nicht den Zenit erreicht.
Abb. 5 Digital gefräste Röntgenbohrschablone mit Bohrhülsen aus demTizian Blank PMMA Splint (Fa. Schütz Dental). Abb. 6 Tertiärkonstruktion aus dem Nichtedelmetall (NEM) Tizian Blank NEM Fine (Fa. Schütz Dental). Abb. 7 Primärteleskope aus NEM, hergestellt im analogen Fertigungsverfahren; Galvano-Käppchen. Tertiärgerüst digital konstruiert und gefräst (Tizian Cut 5.2 plus), vorbereitet für intraorales Verkleben mit Registrierstopps. Abb. 8 MiYO Liquid Ceramic zur individuellen Veredelung der Zirkonbrücke vor dem Verkleben auf Variobase Klebeabutment.
Abb. 9 Abnehmbare Galvano-Brücke, verblendet mit Komposit. Abb. 10 3-D-Druck; C & B biokompatibles Material der Klasse IIa (dreigliedrige Brücke), Modellwerkstoff.
Welche Projekte verfolgen Sie aktuell?
Constanze Reil: Die Implementierung neuer digitaler Fertigungsprozesse. Vor allem beschäftigen wir uns mit der Überführung der analogen Kombinationstechnik in die digitale Welt. Auf Basis der besuchten Fortbildungen werden die Fertigungsschritte jetzt nach und nach umgesetzt. Und die Ergebnisse machen richtig Spaß. Die Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter in der digitalen Fertigung ist ein ständig weiterlaufendes Projekt. Wir halten immer Augen und Ohren offen nach Seminaren mit hohem Spezialisierungsgrad. Und mittelfristig leiten wir den generationsübergreifenden Prozess von „Oldschool“ zu „Young fashion“ ein.
Interview:
Claudia Gabbert, Nordquadrat PR + Marketing
Zahntechnik Reil GmbH
Oberviechtacher Str. 13
92507 Nabburg
Telefon: 09433 24 400
E-Mail: info@zahntechnik-reil.de
www.zahntechnik-reil.de
Bildrechte: Zahntechnik Reil
Copyright: Quintessenz Verlag, Erstveröffentlichung in 11/2021
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