Recht: Möglichkeiten und Grenzen der Delegation zahnärztlicher Leistungen

Die zahnärztliche Tätigkeit ist gekennzeichnet durch das Erfordernis der "persönlichen und höchstpersönlichen" Leistungserbringung sowie durch den "Arztvorbehalt". (...) Persönliche Leistungserbringung bedeutet allerdings nicht, dass der Arzt oder Zahnarzt jede Leistung höchstpersönlich erbringen muss. Vielmehr kann er die Leistungen auch durch nichtärztliche oder ärztliche Mitarbeiter erbringen lassen.


 

Die zahnärztliche Tätigkeit ist gekennzeichnet durch das Erfordernis der "persönlichen und höchstpersönlichen" Leistungserbringung sowie durch den "Arztvorbehalt". Überdies ist persönliche Leistungserbringung eines der wesentlichen Merkmale freiberuflicher Tätigkeit. Sie steht dafür, dass der Arzt und Zahnarzt seine Leistungen auf der Grundlage einer besonderen Vertrauensbeziehung erbringt. Persönliche Leistungserbringung bedeutet allerdings nicht, dass der Arzt oder Zahnarzt jede Leistung höchstpersönlich erbringen muss. Vielmehr kann er die Leistungen auch durch nichtärztliche oder ärztliche Mitarbeiter erbringen lassen. Doch gibt es Grenzen der Delegation.

Unsicherheit entsteht immer wieder bei der Frage, welche Leistungen der Arzt bzw. der Zahnarzt konkret delegieren kann. Unstreitig ist, dass das Ausüben der Heilkunde im umfassenden Sinne dem Arzt vorbehalten ist (sog. Arztvorbehalt). Welche konkreten Leistungen dem Arztvorbehalt unterliegen, hat der Gesetzgeber aber nur in Einzelfällen ausdrücklich getroffen. So darf z. B. nach § 48 des Arzneimittelgesetzes nur der Arzt oder Zahnarzt verschreibungspflichtige Arzneimittel verschreiben.

In den meisten Fällen fehlt es allerdings an klaren Vorgaben durch den Gesetzgeber. Ob eine bestimmte Leistung unter Arztvorbehalt steht, hängt in diesen Fällen nach der Rechtsprechung davon ab, ob das Erbringen einer bestimmten Leistung oder die notwendige Beherrschung gesundheitlicher Gefährdungen ärztliche Fachkenntnisse und damit das Tätigwerden eines Arztes erfordert.

Der hierdurch bestehenden Unsicherheit sind die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der GKV-Spitzenverband mit einer zum 01.10.2013 in Kraft getretenen Vereinbarung über die Delegation ärztlicher Leistungen an nichtärztliches Personal in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 28 Abs. 1 S. 3 SGB V entgegengetreten. Die Vereinbarung findet sich als Anlage 24 zum Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) und wurde letztmalig im Jahr 2015 angepasst.

Der Zahnarzt kann Leistungen, die ihm vorbehalten sind und die nur er selbst erbringen darf, an einen anderen Zahnarzt delegieren, der im Besitz der zahnärztlichen Approbation ist und der ggf. die für den Einzelfall geforderten besonderen Qualifikation aufweist. Solche Leistungen kann der Zahnarzt auch in Teilen an nichtzahnärztliche Mitarbeiter delegieren, wenn er sie unter seiner Verantwortung durchführen lässt. Im Falle der Delegation im präventiven Bereich gelten die Delegationsregeln nach § 1 Abs. 5 Zahnheilkundegesetz. Die zahnärztliche Leistung und Verantwortung kann in diesen Fällen jedoch nicht in dem Sinne übertragen werden, dass die eigenverantwortliche Leistung eines Angehörigen eines nichtärztlichen Gesundheitsberufs die Leistungen des Zahnarztes vollständig ersetzt. Zu den Leistungen, die in der allgemeinen Definition unter dem Zahnarztvorbehalt stehen, zählen Teilleistungen, die der Zahnarzt wegen ihrer Schwierigkeit, ihrer Gefährlichkeit für den Patienten oder wegen der Unvorhersehbarkeit etwaiger Reaktionen unter Einsatz seiner spezifischen Fachkenntnisse und Erfahrung höchstpersönlich erbringen muss. Eine Gefährlichkeit für den Patienten ist dann gegeben, wenn die nicht fachgerechte Durchführung einer Leistung durch einen nicht-zahnärztlichen Mitarbeiter den Patienten unmittelbar schädigen oder ihm jetzt oder zu einem späteren Zeitpunkt erkennbare Schäden verursachen kann.

Die Vereinbarungen nach BMV-Ä und Zahnheilkundegesetz regeln die Anforderungen für die Delegation ärztlicher Leistungen an nichtärztliche Mitarbeiter in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung und führen beispielhaft auf, bei welchen Tätigkeiten nichtärztliche Mitarbeiter ärztliche Leistungen erbringen können und welche spezifischen Anforderungen an die Erbringung zu stellen sind. Dabei wird zunächst klargestellt, dass Anamnese, Indikationsstellung, Untersuchung des Patienten einschließlich invasiver diagnostischer Leistungen, Diagnosestellung, Aufklärung und Beratung des Patienten, Entscheidungen über die Therapie und Durchführung invasiver Therapien und operativer Eingriffe nicht delegierbar sind.

Allgemeine delegierbare ärztliche Tätigkeiten sind demnach:

1. Administrative Tätigkeiten, z.B. Datenerfassung und Dokumentation von Untersuchungsergebnissen und Therapieerfolgen; Unterstützung des Arztes bei der Erstellung von schriftlichen Mitteilungen und Gutachten
2. Anamnesevorbereitung
3. Aufklärungsvorbereitung
4. Durchführung technischer Untersuchungen:
– Röntgen
– CT
– MRT
5. Früherkennungsleistungen (im Rahmen von Leistungen zur Früherkennung von Krankheiten bei Erwachsenen):
– Laboratoriumsuntersuchungen (Untersuchung auf Blut im Stuhl) im Rahmen der Krebsfrüherkennungsuntersuchung
– im Rahmen von Leistungen zur Früherkennung von Krankheiten bei Kindern und Jugendlichen:
– Unterstützung bei der Aufklärung der Eltern im Rahmen von Screeninguntersuchungen und Impfungen
– U1-J2: Seh- und Hörtest, Erfassung Körpermaße
6. Injektion: intramuskulär und subkutan (auch Impfungen)
7. Injektion: intravenös
Infusion: intravenös; Anlegen einer Infusion
(Die Anwesenheit des Arztes ist in der Regel erforderlich. Die intravenöse Erstapplikation von Medikamenten ist nicht delegierbar.)
8. Labordiagnostik
9. Unterstützende Maßnahmen zur Diagnostik/Überwachung:
– Blutentnahme kapillär sowie venös
– (Langzeit-)Blutdruckmessung
– (Langzeit-)EKG
– Lungenfunktionstest/Spirographie
– Pulsoxymetrie
– Blutgasanalysen
– weitere Vitalparameter
10. Wundversorgung / Verbandwechsel
Hinzu kommen versorgungsbereichs- bzw. arztgruppenspezifische delegierbare ärztliche Tätigkeiten. 

 

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Autor: Kanzlei

Lyck+Pätzold. healthcare.recht ist eine Anwaltskanzlei, die sich ausschließlich auf die Beratung medizinischer Leistungserbringer und Industrieunternehmen aus der Gesundheitsbranche spezialisiert hat. Zu den Beratungsschwerpunkten der Kanzlei gehört: - Errichtung und Strukturierung von Kooperation zwischen Ärzten und/oder Zahnärzten - Beratung und rechtliche Vertretung von Kliniken - Beratung und Vertretung im Personalbereich, insbesondere (bei Chef-)Arztverträgen - Beratung in speziellen Rechtsfragen, die Berufs- und Vertragsarztrecht - Medizinprodukterecht, Heilmittelwerberecht, Wettbewerbsrecht, Gewerblicher Rechtsschutz Weitere Infos unter http://www.medizinanwaelte.de

Hierbei handelt es sich um einen Gastbeitrag von LYCK+PÄTZOLD HEALTHCARE.RECHT, Fachanwälte für Medizinrecht. Wir übernehmen daher keine Verantwortung und Gewähr für die Richtigkeit und den Inhalt.

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